Coronaproteste

Verwirrt nicht die Verwirrten!


13. Mai 2020


Politik und Kommunikation im Deutschen Bundestag

In seinem Buch „Die Globalisierungsfalle“ sagte Harald Schumann 1996 voraus, dass künftig in reichen Ländern kein nennenswerter Mittelstand mehr existieren würde, die Gesellschaft aber in 20 Prozent Privilegierte und 80 Prozent Prekariat gespalten sei. Die 80 Prozent der Unterprivilegierten müssten laut Zbigniew Brzeziński durch so genanntes „Tittytainment“ bei Laune gehalten werden, einer modernen Form von Brot und Spiele, wobei Gewalt durch Sexualisierung ersetzt würde. Ein Blick auf alle möglichen Formate des Privatfernsehens, von Dschungelcamp bis hin zu Nackt-Shows, scheinen diesen Trend zu bestätigen.

Im Jahr darauf – 1997 – prophezeite Lord Ralf Dahrendorf, dass der Westen an der Schwelle zu einem autoritären Jahrhundert stünde. Die Globalisierung würde autoritären Bewegungen Zulauf verschaffen.

Nun 2020. Auf welche Zukunft bewegen wir uns eigentlich zu? Welche Gesellschaft soll das abbilden, was da kommt? Wollen wir so leben? Wollen wir es hinnehmen, dass der Menschheit nach Jahrtausenden noch immer ein Hang zu Gewalt, Unterdrückung und Gier attestiert werden kann?

Beide sich im Kalten Krieg gegenüber stehenden Systeme verwendeten sehr viel Energie darauf, sich selbst und den ihren Bürgern das Gefühl von Kontrolle zu vermitteln. So lassen sich Aufrüstung und Wohlfahrtsprogramme erklären. Alles im Griff. Bloß kein Kontrollverlust.

Glaubte man in den 1990ern im Westen, dass der Zusammenbruch des Ostens das Ende der Geschichte sei, hoffte man zugleich, dass nun Wohlstand, politische Beteiligung und Bürgerrechte zunehmen würden. Nach krassem Sozialabbau wurden Kohl und die #niewiederCDU abgewählt.

Viele setzten große Hoffnungen in die Regierung von @spdde und @Die_Gruenen. Was dann folgte, war der größte Kontrollverlust für die Mehrheit der Menschen hier in der Geschichte der Bundesrepublik. Krieg mit deutscher Beteiligung, massiver Sozialabbau, Steuergeschenke für Reiche.

Es ist kein Zufall, dass es für Frieden (Irakkrieg) und gegen Sozialabbau die größten Proteste seit der Wiedervereinigung gab. Angst hielt Einzug in den Mittelstand: die Grundlage für das Erstarken des Rechtspopulismus. Angerichtet von SPD und Grünen.

Das Gefühl von Defiziten in Beteiligung der Bürger an sie alle betreffende Entscheidungen nahm zu, die empfundene Legitimation demokratischer Prozesse nahm ab. Die Gewerkschaften zogen sich 2004 aus den Protesten gegen die #Agenda2010 zurück. Die Politikverdrossenheit nahm zu.

2010 dann #Stuttgart21. Das Niederknüppeln der braven Schwaben durch den bis dahin als sicher geltenden Staat war ein Fanal. D. Kurbjuweit vom SPIEGEL erfand den Begriff „Wutbürger“. Eine Erniedrigung von Menschen, die sich wehrten.

H. Welzer nannte den Begriff Wutbürger „denunziatorisch formuliert“. Hier wurden Menschen diffamiert, die im Kern lediglich demokratische Kontrolle zurück verlangten. Diese Überheblichkeit dürfte sehr zu Zweifeln an „Medien“ insgesamt beigetragen haben.

2014 formierte sich Pegida. Rechtsextreme nutzten die Angst vor Kontrollverlust der Menschen und ihre tatsächliche oder auch nur empfundene Benachteiligung im sozialen Gefüge aus. Wieder wurden die Beteiligten – bis dahin meist unbescholtene Bürger – öffentlich erniedrigt.

2020 formierten sich dann Menschen, die erneut weiteren Kontrollverlust fürchten. Wieder nutzen dies Rechte und Schwurbler aus. #KenFM, #Hildmann und Co. geben „Orientierung“, mit deren Hilfe dem Kontrollverlust begegnet werden soll. Diffamierung der Demonstranten hilft nicht.

Was wir brauchen: umfassende Demokratisierung von Produktion und Politik, Formen der Beteiligung, zB #Bürgerrat, umfassende gerechte Vermögensverteilung, Transparenz politischer Entscheidungen, #Existenzmaximum. Man könnte es auch einfach demokratischen Sozialismus nennen.


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